M. Morrison u.a (Hgg.): Revolutionary Currents

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Title
Revolutionary Currents. Nation Building in the Transatlantic World


Editor(s)
Morrison, Michael M.; Zook, Melinda S.
Published
Extent
192 S.
Price
$ 18.99
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Matthias Middell, Zentrum für Höhere Studien, Universität Leipzig

Die Beiträge dieses Bandes, der aus einem Symposium am Historischen Seminar der Purdue University hervorgegangen ist und später durch Zusammenfassungen von Jack P. Green bzw. Peter S. Onuf zu mehr Kohärenz geführt wurde, versucht drei Forschungsrichtungen zu verknüpfen: die ältere Frage nach Inhalt, Funktion und Wirkung revolutionärer Ideologien, wie sie der Englischen Revolution des 17. Jahrhunderts, der Nordamerikanischen und der Französischen Revolution des 18. Jahrhunderts zu Grunde lagen (hier ergänzt um den sonst häufig aus dem Revolutionszyklus an der Wende vom 18./19. Jahrhundert ausgeblendeten Fall der Mexikanischen Revolution von 1810-1821) verbindet sich zweitens mit der Untersuchung der kulturellen Transfers zwischen den Gesellschaften auf beiden Seiten des Atlantik und drittens mit den neuerdings intensiver debattierten Problemen der Teritorialitätsregimes, die sich zwischen der Frühen Neuzeit einerseits und dem 19. und großen Teilen des 20. Jahrhunderts andererseits stark unterschieden.

Die Herausbildung des Nationalstaates und die zugrunde liegende durchgreifende Nationalisierung der Gesellschaften (bis zur radikalen Neuordnung der Binnengliederung wie im Falle der französischen Departements) bildete eine scharfe Zäsur in der Organisation von Herrschaft und soziokultureller Integration. Green betont die Rolle des Krieges und der dafür notwendigen Mobilisierung von Menschen, Technik und Finanzen für die Zentralisierungstendenzen in der frühen Neuzeit während die Verteidigung „hergebrachter Rechte“ den verschiedenen Trägern von Privilegien im Ancien régime einige Gewähr für ausgleichende zentripedale Tendenzen gab. Der Autor sieht im Englischen Bürgerkrieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts bereits eine gravierende Änderung der Balance zwischen beiden Bewegungen, die zuvor die Erhebung der Niederlande, die spanische Städte und Provinzbewegung gegen den Absolutismus und die Fronde in Frankreich gekennzeichnet hatten und zeichnet die ideologischen Spurenelemente nach, die ins 18. Jahrhundert hinüber weisen, wo sie sich vor allem in der zentralistischen Verwaltung der Kolonien bemerkbar machten und den Widerstand der Siedler weckten. Während die Amerikanische Revolution, wie die Niederländische und die Englische zuvor, einem antizentralistischen Impuls folgten, erscheint die Französische in der Darstellung von William H. Sewell jr. als antizyklische Überwindung der Dezentralität des Ancien régime, das in weit geringerem Maße staatliche Macht bündelte, als dies die aufeinander folgenden Revolutionsregierungen taten. Trotz der verfassungsrechtlichen Gemeinsamkeiten sehen Green und Sewell die Unterschiede zwischen der Nordamerikanischen und der Französischen Revolution als größer an.

Bleiben die Fragen nach der Erklärung dieser Differenz und nach dem Platz der folgenden revolutionären Entwicklungen diesseits und jenseits des Atlantik, hinsichtlich des typologisierenden Vorschlages. Die karibischen, mittel- und südamerikanischen Revolutionen ebenso wie die südeuropäischen von Neapel bis Lissabon waren zugleich Ergebnisse des Widerstandes gegen die zentralistischen Tendenzen des Spätabsolutismus (vor allem der Bourbonischen Reformen) ihre Protagonisten hätten – jedenfalls in Amerika – die sozial und kulturell viel komplexere Situation einer multi-ethnischen Gesellschaft zu berücksichtigen, aber sie waren auch Reaktionen auf den englisch-französischen Weltkrieg, der zur Bündelung der Ressourcen und Herrschaftsautorität veranlasste, wenn Souveränität behauptet werden sollte. Insofern sind die Revolutionen in Lateinamerika typologisch zwischen der angelsächsischen und der französischen Tradition anzusiedeln, auch wenn die Nationsbildung von Mexiko bis Argentinien schwach blieb und erst im späteren 19. Jahrhundert ihren Abschluss fand.

Indem der Band Revolutionsvergleich und komparatistische Forschung zum Nation Building verknüpft, schlagen die Autoren eine bedenkenswerte Typologie vor, die allerdings noch erheblich gewonnenen hätte, wenn sie auch mit anderen Überlegungen zum Platz des transatlantischen Revolutionszyklus in der Gesichte der Moderne kritisch abgeglichen worden wären.

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Published on
29.09.2006
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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